Geburtstrauma

Geburtstrauma

Unser Sohn B. kam mit einem Reflux im Harnwegesystem zur Welt und musste daraufhin innerhalb seines ersten Lebensjahres viele Wochen im Krankenhaus verbringen. Es wurden verschiedene Untersuchungen an ihm vorgenommen und er wurde auch operiert.

B. war zu dieser Zeit ein sonniges Kind, dessen Lächeln alle bezauberte. Bis er eineinhalb Jahre alt war, entwickelte er sich normal, bis auf phasenweise Nahrungsverweigerung.

Zu diesem Zeitpunkt sollte eine ambulante Untersuchung bezüglich des Reflux stattfinden, zu welcher unser Sohn strahlend mit seinem Vater hinging. Dieser „Ausflug“ wurde für beide zum Alptraum. Denn im Krankenhaus wurde dem völlig ahnungslosen Kind ohne jegliche Betäubung ein Blasenkatheder ins Glied geschoben, er wurde dabei festgehalten, sodass es sich nicht bewegen, sich nicht wehren konnte und sein Vater war viel zu überrumpelt, um reagieren zu können.

Völlig verstört und fassungslos kam unser Kind nach Hause. Von diesem Tag an entwickelte er sich sprachlich ca. ein Jahr lang nicht weiter, und er baute massive Ängste auf.

Jedes Mal, wenn er sich wehgetan hatte, rannte er schreiend weg und geriet völlig in Panik, dass er wegen seines „Auas“ ins Krankenhaus müsste und man ihm wieder weh tun könnte.

In diesem Zustand erfuhren wir von der Traumabegleitung für Kinder, und mein Mann ging mit unserem Sohn dorthin.

In einer ca. dreistündigen Sitzung (natürlich mit Pausen) begleitete man dort aktiv das schlimme Krankenhauserlebnis und beide, Vater und Sohn, gingen noch einmal ausgiebig durch dieses Trauma.

Also, das Ergebnis war verblüffend:
Von diesem Tag an hatte unser Sohn mit Verletzungen, die er sich zuzog, keinen Stress mehr. Er kann jetzt ganz normal mit seinem „Aua“ ankommen, sagen, was passiert ist und sich verarzten lassen.

Wegen seiner Angst vor so vielen Dingen, explizit vor Tieren, gingen wir ein weiteres Mal mit B. zur Traumabegleitung. Diesmal durfte ich dabei sein und erleben, wie die Traumabegleiterin unser Kind durch seine Angst begleitete, wie mein Bübchen in meinem Arm immer kleiner wurde, sein Weinen (er rief immer nur den einen Satz: „Ich will aber nicht!“) bald das eines Säuglings war, eines sprechenden Säuglings sozusagen.
Und vor meinem inneren Auge spielte sich alles noch einmal ab, was dieser Säugling im Krankenhaus erlebt hatte: Mit Geburtseinleitung ins Leben genötigt („Ich will aber nicht!“). Am zweiten Lebenstag eine missglückte Blasenpunktion („Ich will aber nicht!“). Am dritten Tag eine weitere Blasenpunktion. Diesmal erfolgreich („Ich will aber nicht!“). Regelmäßig Nadeln in den Kopf und in die Hand zur Infusion, zur Blutabnahme („Ich will aber nicht!“). Unzählig viele Untersuchungen („Ich will aber nicht!“). Ich spürte meine ungeweinten Tränen und mein „Baby“ fühlte seine Hilflosigkeit und Verzweiflung.

Ziemlich erschöpft gingen wir nach Hause. Das Ergebnis war wieder verblüffend. Unser Kind sucht sich Situationen, wo er mit seiner Angst konfrontiert ist, und arbeitet ganz bewusst daran: sei es mit Tieren oder anderen Dingen, die ihn ängstigen. Er geht jetzt auf Tiere zu und streichelt sie oder rutscht im Schwimmbad abenteuerlich lange und hohe Rutschen herunter, was vorher undenkbar gewesen wäre.

Wir staunen alle ob dieser Entwicklung und sind sehr dankbar, dass es Traumabegleitung für Kinder gibt.

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